Durch den fortschreitenden demographischen Wandel rückt die alternative Assetklasse Pflegeimmobilien in den Fokus der Investoren. Werden derzeitig bestehende Eintrittsbarrieren abgebaut, ist dies ein Markt mit großem Wachstumspotenzial.
Auf der Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten steht eine Assetklasse vermehrt zur Diskussion: Sozialimmobilien, allen voran das Pflegesegment. Angetrieben durch den demographischen Wandel und den damit steigenden Bedarf an Einrichtungen und Investitionsmitteln entwickelt der Markt derzeit eine hohe Dynamik. Im ersten Halbjahr 2018 wurden hier allein circa 665 Mio. Euro umgesetzt und damit mehr als im Gesamtjahr 2017. Eine gute Rendite, lange Pachtverträge und inflationsgeschützte Einnahmen steigern das Investoreninteresse zusehends. Doch sorgen nach wie vor einige Faktoren für vergleichsweise hohe Markteintrittsbarrieren – insbesondere für institutionelle und eher risikoaverse Anleger. Wenig gutes Produkt im Bestand, hohe Auflagen sowie gesetzliche Regularien bei Neu- und Umbau schmälern die derzeitigen Anlagemöglichkeiten. Was könnte Abhilfe schaffen und den Markt für Pflegeimmobilien zukünftig weiter professionalisieren sowie die Neubauaktivität steigern?
Betrachten wir die derzeitige Ausgangssituation, sehen wir erst einmal alt aus: Der Zuwachs an Pflegebedürftigen übersteigt die verfügbaren Angebote bei weitem und statt in eine volle Entwicklungspipeline guckt man eher in die Röhre. Bei dem prognostizierten Bedarf von 300.000 zusätzlichen Betten bis 2030 fällt auf, dass zahlenmäßig zu wenig Pflegeheime gebaut werden. Nur knapp die Hälfte davon wird pro Jahr realisiert.
Projektentwickler müssten dementsprechend vermehrt tätig werden, damit neue Objekte den Nährboden für alternative Investitionschancen bilden können, die angesichts der angespannten Marktlage im Pflegesektor dringend gesucht werden. Allem voran auch deshalb, weil Investoren bisher überwiegend im Bestand gekauft haben, dieser aber immer knapper wird. Zudem befinden sich mit schätzungsweise rund 30 bis 40 Prozent der vorhandenen mehr als 13.000 Pflegeimmobilien fast 5.500 Heime noch im Privatbesitz. Infolgedessen nehmen die Haltedauern bei qualitativ guten Immobilien zu, auf dem Markt sind deshalb vorwiegend nur noch schlechtere Assets mit hohem Doppelzimmer-Anteil und veralteter Bausubstanz sowie Ausstattungsstandards zu finden. Die Folge: Das Angebot an Betten wird weiter verknappt, die Preise steigen weiter, und der Druck, Neubauten zu realisieren, die nicht nur den aktuellen Anforderungen entsprechen, sondern darüber hinaus investorentauglich sind, nimmt unaufhörlich zu.
Dem notwendigen Bau-Boom und der damit einhergehenden Entspannung der Marktlage stehen jedoch eine Reihe verschiedener Aspekte gegenüber: Zum einen sind insbesondere in Großstädten die Freiflächen knapp, sodass Entwickler auf der Suche nach geeigneten Grundstücken in periphere oder Randlagen ausweichen müssen. Zum anderen wird das Segment im Vergleich zu anderen Assetklassen stärker reguliert, das Ordnungsrecht greift vielfältig in das Betreiber- und Baugeschehen ein. Zu nennen wären hier Themen wie Brandschutz, Auflagen zu Zimmergrößen und Quoten etc.. Hinzu kommt die vergleichsweise hohe Komplexität des Planungs- und Bauprozesses an sich. Es sind diverse Absprachen mit Betreibern, Kostenträgern, Heimaufsichten etc. notwendig. Dies veranlasst viele Projektentwickler dazu, andere Assetklassen zu bevorzugen. So wandert der Fokus vieler Entwickler auf das benachbarte und ordnungsrechtlich deutlich weniger restriktive „Seniorenwohnen“, das Formen wie Residenzen und betreutes Wohnen umfasst. Zwar sind eine Vielzahl solcher Angebote ebenfalls Betreiberimmobilien, die Komplexität in der Realisierung und das wahrgenommene Risiko jedoch deutlich geringer.
Um einem Engpass in der stationären Pflege entgegenzuwirken und die dringend benötigen Kapazitäten gewährleisten zu können, müssen zukünftig Anreize und nicht noch weitere Hürden für Betreiber, Projektentwickler und Investoren geschaffen werden. Derzeit ist beispielsweise in der Diskussion, die Gewinne von Heimbetreibern zu begrenzen. Eine solche Vorgabe – sollte sie Realität werden – dürfte sich nachteilig auf den Markt auswirken. Zudem müssen sowohl Städte als auch Stadtplaner für die steigende Relevanz des Pflegesektors sensibilisiert werden. Sozialimmobilien sollten nicht nur Einzug in die diversifizierten Investorenportfolios erhalten, sondern auch in neue Quartiere und andere innerstädtische Projekte integriert werden.
Wenn diese Hürden genommen sind, bieten sich Nutzern, Betreibern und auch Anlegern eine Vielzahl von Chancen. Nicht nur nationale, sondern auch internationale Investoren sehen im deutschen Pflegemarkt daher ein großes Wachstumspotenzial – der Anteil ausländischen Kapitals am gewerblichen Transaktionsvolumen lag im ersten Halbjahr 2018 bei 59 %. Insbesondere die relativ hohe Spitzenrendite von 5,0 %, die inflationsgeschützten Mieteinnahmen, langjährige Mietverträge sowie die fortschreitende Konsolidierung im privaten Heimbetreibermarkt führt zu einer positiveren Bewertung sowie zu mehr Transparenz in der alternativen Assetklasse. Unter den TOP 20 schreitet die Konzentration deutlich unter den privaten Gruppen voran. Waren 2012 insgesamt 15 private Betreiber unter den TOP 20 mit insgesamt 105.000 Betten sind es durch diverse Übernahmen seither nur noch 10. Dabei halten diese Gruppen innerhalb der Top 20 aktuell mehr als 130.000 oder 70 % von den derzeit rund 190.000 Betten. Die durchschnittliche Anzahl der gehaltenen Betten hat sich bei den privaten Betreibern in den fünf Jahren fast verdoppelt, während bei den gemeinnützigen Gruppen innerhalb der TOP 20 im Schnitt jeweils keine signifikante Konzentration zu beobachten war. Insgesamt ist der Markt jedoch noch sehr fragmentiert, die Top 20 Betreiber halten wiederum nur rund 20 % der mehr als 800.000 verfügbaren Betten in Deutschland.
Eine steigende Professionalisierung des Marktes ist dennoch absehbar und eine Investition in das Pflegeimmobiliensegment ist damit definitiv eine Investition in die Zukunft.